Im Bernstein.
Roman, Haymon Verlag, Innsbruck-Wien 2005.

Die Journalistin Isa Becker hat eine Ideenagentur gegründet und eine neue Liebe gefunden. Für ein Feuilleton-Projekt fliegt sie nach St. Louis/Missouri, um über Mark Twain zu arbeiten. Als sie dessen Schriften gegen den Krieg entdeckt, löst dies eine intensive Beschäftigung mit den Briefen ihres Vaters aus, der Nationalsozialist war und im Osten gefallen ist. Die Frage nach den Ursachen für seine Begeisterung, die Isa bis zu den Gräberfeldern Russlands führt, mündet in der Auseinandersetzung mit dem Irakkrieg. „Kein Krieg ist zu Ende. Er setzt sich fest und zeugt sich fort“, heißt es im Buch, in dem authentische Dokumente und Fiktion, Zeit- und Liebesgeschichte ineinanderfließen. Der Roman führt an die Ufer des Mississippi, der Donau und der Wolga und lenkt den Blick abseits der historischen Ereignisse auf drei vielfach aufeinander bezogene Frauenschicksale. Brita Steinwendtner erzählt von Irrwegen und Hoffnungen im Rad der Geschichte.


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Rezensionen, Statements, Briefe

Paul Michael Lützeler, Washington University, St. Louis/Missouri
„Es ist ein großartiges Buch, und wenn ich bedenke, wie berühmt Brita Steinwendtner, die jahrelang als Rundfunk-Feuilletonistin und Regisseurin gearbeitet hat, als Schriftstellerin wäre, wenn sie sich ganz auf die Schriftstellerei eingelassen hätte, kann man melancholisch werden. Aber andererseits: so ein Buch schreibt nur jemand mit großer Lebenserfahrung, jemand, dessen Ideen und Gefühle immer wieder durch Praxis korrigiert worden sind, und so bin ich gleichzeitig überzeugt, dass sie so ein Meisterwerk ohne die vielen anderen Tätigkeiten wiederum nicht hätte schreiben können.“

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Peter Handke
„Würgend und gültig die Vater-Mutter-Großmutter-Geschichten, die ja den Tartaros des Buches ausmachen. Gut auch, daß die Tochter leidet an dem, was und, vor allem, wie es war mit den Vorfahren – nicht nur die billig zu habenden Kempowski-Collagen. Wunderbare Passagen der Schneelandschaftsgebete, und überhaupt Naturmomente – wo man auch sieht, wie gefährlich die „national besetzte“ Natur ist. Dieses Buch: Notwendigkeit, nicht nur die der Autorin.“

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Sibylle Cramer
„Ich habe sehr bewundert, wie Brita Steinwendtner die Zeit erzählt und reflektiert, wie sie die lineare, Zeit verschränkt mit Augenblickserzählungen, Kontinuität und Plötzlichkeit. Der symbolische Kern der Erzählung stiftet neben der erzählten Lebenszeit eine Weltzeit. Hofmannsthal hätte von Ewigkeit gesprochen. An kein anderes Buch hat mich „Im Bernstein“ so sehr erinnert wie an Vladimir Nabokovs „Ada oder das Verlangen“. Ich hätte diese Zeilen beginnen sollen mit einer Liebeserklärung an die Sprache der Autorin, denn sie ist das Herzstück des Gelingens, ein wunderbares Instrument des reflektierten Gefühlsausdrucks. Ich gratuliere ihr in jeglicher Hinsicht zu diesem schönen Buch.“

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Samuel Moser, Neue Zürcher Zeitung
„Der endlose, stetige Fluss des Mississippi, mit dem Brita Steinwendtners Roman „Im Bernstein“ einsetzt, ist die Metapher für den ganzen Text. Er handelt von der Kontinuität der Geschichte. Oder doch besser: von einer beängstigenden Unausweichlichkeit für eine oberösterreichische Familie über Generationen hinweg. Dem steht die überzeugende Architektur des Romans entgegen, der Zeiten und Räume von extremster Distanz in Beziehung setzt. Mit dem Mississippi, wo Isa über Mark Twain recherchiert, korrespondiert die Wolga, der Ort Rschew genauer, wo ihr Vater 1942 als Offizier der Wehrmacht fiel. Zwischen diesen Flüssen die Donau, Isas eigenes fragiles Zentrum. Dass diese Figur nicht auseinanderfällt, verdankt sich einer indiskutablen Stärke der Erzählerin Brita Steinwendtner: ihrer verschwiegenen, distanzierten, immer aber solidarischen (mitliebenden) Menschenzeichnung.“